Unter unseren Füßen – Lebensraum Boden

Unter unseren Füßen – Lebensraum Boden

Sonderausstellung im Senckenberg Naturmuseum bis 20. Mai 2010

FRANKFURT (ir) Kein weißes Kaninchen wie bei „Alice im Wunderland“, sondern ein mannshoher Maulwurf lädt jetzt im Senckenberg Naturmuseum (Frankfurt, Senckenberganlage 25) zu einem Besuch in die Unterwelt ein. Mit Unterwelt ist hier der Boden „Unter unseren Füßen“ gemeint. Ein Reich, das sich – ähnlich wie in der Geschichte von Lewis Carrol – deutlich von dem unterscheidet, was wir sonst kennen. Es ist ein spannender Lebensraum, über den wir meist achtlos hinweg eilen. Wer weiß denn schon, dass sich an manchen Ecken allein unter den Füßen nur eines Menschen mehr Lebewesen tummeln, als es insgesamt Menschen auf der Erde gibt?

Um in das erstaunliche Reich zu gelangen, das Senckenberg in der Ausstellung präsentiert, muss der Besucher zunächst einen riesigen Maulwurfshügel passieren. Ist das geschafft, trifft er auf eine artenteiche Gemeinschaft, die mit- und voneinander lebt. In einem hochkomplexen Beziehungsgeflecht übernehmen Kleinsäuger, Schnecken und Würmer sowie Insekten, Algen, Pilze und eine Vielzahl von Bakterien wichtige Funktionen, die sich auch auf das Reich über der Grasnarbe auswirken.

Kleinsäuger – Riesen im Boden

Gleich hinter dem Maulwurfshügel kuschelt sich ein Feldhamster gemütlich in sein Nest, das er sich in einer kleinen Bodenkammer eingerichtet hat. Für den Winter hortet der kleine Nager dort bis zu 10 Kilogramm Nahrung. Doch ganz so gemütlich geht’s nicht immer zu. Gelbhals-, Feld- und Schermäuse flitzen durch die Ritzen und Gänge. Und das schlanke Mauswiesel ist dort ebenfalls zuhause. Einen Blick auf das unterirdische Labyrinth, in dem auch der Maulwurf sein Revier mit bis zu 500 Meter langen Jagdröhren hat, ermöglicht ein Bodenprofil. Obwohl all diese Säuger eher klein sind, ist ihre Wirkung für den Lebensraum Boden riesig.

Direkt neben den Kleinsäugern sind die Kinderstuben von Insekten zu sehen. Man blickt in die sonst verborgenen Nester des blau-grün schimmernden Mistkäfers und der Hosenbiene und erfährt wie fürsorglich der Totengräber seine Brut hegt. Und nicht umsonst spricht man von einem Ameisenstaat: Allein die Bauten, in denen oft auf mehreren Etagen teilweise Millionen von Ameisen leben, zeigen eine raffinierte Architektur. Der über der Erde sichtbare Ameisenhügel der Roten Waldameise, dient beispielsweise auch als Klimaanlage für die ebenso großen Untergeschosse der riesigen Wohnanlage. Ein umfangreicher Gebäudekomplex will er- und unterhalten sein. Es gibt viel zu tun. Ständig wird ausgebessert und weitergebaut. Um die Arbeitsleistung zu steigern, verpflichtet die Blutrote Raubameise, die als Modell auch in Groß zu sehen ist, andere Ameisenarten als Arbeitssklaven.

Räuber im Boden

Wie überall, gibt es auch im Boden Jäger und Sammler. Was lebt, muss sich irgendwie ernähren. Für große wie kleine und sogar kleinste Bodentiere, die mit bloßem Auge kaum zu erkennen sind, geht es ständig um fressen und gefressen werden. Wo die einen jagen, versuchen andere, sich zu schützen. In der Ausstellung werden sowohl ausgefeilte Jagdtechniken als auch bemerkenswerte Schutzstrategien vorgestellt. Von Wehrsekreten, die einige Würmer verspritzen, über schützende Panzer und die eigenartige „Verkleidung“, die Milben bevorzugen, bis hin zur Flucht, bei der die winzigen Springschwänze regelrechte Rekorde aufstellen.

Heinzelmännchen und „Bodentiere“ schlechthin

Bodentiere, die uns eklig erscheinen oder gar ärgern, wie Mäuse, Maulwurf, Würmer und Schnecken, sind regelrechte Heinzelmännchen. Asseln, Spinnen und Milben und die Vielzahl an Bakterien erweisen sich als wahre Recyclingspezialisten. Was wir als Abfall betrachten, verwandeln sie in wertvolle Nährstoffe. Besonders eifrig und vor allem erfolgreich sind die Regenwürmer. Große und kleine düngen und lockern den Boden, und sorgen so für Durchlässigkeit und eine ausreichende Durchlüftung. Lässt man diese Heinzelmännchen im Erdreich ungestört arbeiten, sorgen sie dafür, dass die Wurzeln der Pflanzen ausreichend Nahrung erhalten, gut gedeihen und schließlich uns – im Reich darüber – ernähren. Dass alles ein Geben und Nehmen ist, zeigen vor allem die Pilze. Die gelungene Kooperation, die sie mit Pflanzen eingehen, wird ebenfalls vorgestellt.

Den Boden erleben

Einladend für Kinder ist nicht nur der große Maulwurf am Eingang. In der vom Senckenberg Naturmuseum Görlitz konzipierten Ausstellung, die von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt und der EU-Initiative Interreg IIIa unterstützt wurde, gibt es auch einen Mäusetunnel. In dem abgedunkelten Bodenlabyrinth können die kleinen Besucher sich wie der fast blinde Maulwurf bis in eine Höhle tasten, wo sie auf Feldmaus und Regenwurm treffen. Für die ganz Kleinen ist eine Zeichenecke mit Hockern in Gestalt einiger Bodenbewohner eingerichtet. Filme, Umklapptafeln mit kindgerechten Fragen und Antworten und nicht zuletzt die 10 bis 1000fachen Vergrößerungen einiger Tiere, die sonst nur unter dem Mikroskop zu erkennen sind, ergänzen die Sonderausstellung zu dem Lebensraum „Unter unseren Füßen“. Ein Begleitheft mit Zusatzinformationen und beeindruckenden Zahlen zum Lebensraum Boden ist für 2 €


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