Testverfahren MySkills

Neues Testverfahren: „Einen sicheren Arbeitsplatz und ein gutes Leben“

Mit dem neuen Testverfahren MySkills hat die Bundesagentur für Arbeit nun auch bei Personen mit Sprachschwierigkeiten die Möglichkeit, berufliche Kompetenzen festzustellen und darauf aufzubauen, wie das Beispiel des Syrers Rezan Mamo aus Limburg zeigt.

Rezan Mamo ist 29 Jahre alt, Vater von drei Kindern und ein glühender Real Madrid Fan. In seiner Freizeit spielt er Fußball und Tischtennis. Wäre sein Leben nach Plan verlaufen, hätte er sein Studium beendet, um anschließend als Fachkraft in der Elektrotechnik ins Berufsleben einzusteigen.

Es sollte anders kommen: In seinem Heimatland Syrien brach 2011 ein Bürgerkrieg aus, der alles ändern sollte und ihn auf seiner Flucht 2012 zunächst in die Türkei führte. Dort jobbte er auf dem Bau und später als Schuhverkäufer. Mit seinen Eltern, seiner Ehefrau und seinen Kindern kam er im September 2015 in das für ihn fremde, aber nicht ganz unbekannte Deutschland. „Mein Bruder lebt schon seit 15 Jahren in Limburg“, erklärt er stolz.

In dessen Nähe suchte er nach seiner Unterbringung in der Gießener Erstaufnahmeeinrichtung eine Wohnung und besuchte einen Integrationskurs, um die Deutsche Sprache zu lernen. Im Jobcenter Limburg-Weilburg traf er auf seinen Vermittler, Cihan Sertkaya, der mit ihm frühzeitig überlegte, wie es nach dem Sprachkurs weiter gehen soll. „Die sechs bis acht Monate im Integrationskurs vergehen schnell. Meine Aufgabe als Arbeitsvermittler ist, mit Herrn Mamo die Arbeitsaufnahme vorzubereiten. Hierzu gehört auch, seine Potentiale zu erkennen“, so Sertkaya. Da der deutsche Arbeitsmarkt nicht eins zu eins mit dem syrischen vergleichbar ist, standen beide zunächst vor der Frage: Was bringt Rezan Mamo für den deutschen Arbeitsmarkt mit?

„MySkills“ macht berufliche Kenntnisse sichtbar

Um diese Frage zu beantworten, entschieden sie sich für das neue Testverfahren „MySkills“ (Meine Fähigkeiten) der Bundesagentur für Arbeit, das in Kooperation mit der Bertelsmann Stiftung entwickelt wurde. Mit Videos, Bildern und leicht verständlichen Fragen wird das Fachwissen der Bewerberinnen und Bewerber zu spezifischen Berufsbildern getestet. „Viele Menschen, die zu uns kommen, berichten von ihrer Arbeit, zum Beispiel in der Küche, beim Friseur oder in einer Malerwerkstatt. Sie haben aber keine formalen Nachweise, die in unserer Gesellschaft sehr wichtig sind“, erklärt Dr. Frank Martin, Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion Hessen der Bundesagentur für Arbeit. Herauszufinden, was die Personen mitbringen, sei allerdings wichtig, wenn man nicht bei null anfangen wolle. „Mit MySkills prüfen wir, was und wie viel die Person vom jeweiligen Beruf versteht. Das ersetzt zwar keinen Berufsabschluss, erleichtert aber den Einsatz gezielter Fördermaßnahmen.“, so Martin weiter. Aktuell ist es möglich, sich in acht Berufen, darunter KFZ-Mechatroniker, Koch oder auch Verkäufer testen zu lassen. In den nächsten Monaten soll das Angebot dann auf 30 Berufe ausgeweitet werden. Das Testverfahren ist nicht nur für Geflüchtete, sondern auch für Geringqualifizierte, die eine fundierte Einschätzung ihrer beruflichen Erfahrungen und Kenntnisse für die weitere Planung ihres Berufsweges haben möchten, interessant. Es wird in den Sprachen Deutsch, Englisch, Persisch (Farsi), Hocharabisch, Türkisch und Russisch angeboten.

Rezan Mamos ließ seine Fähigkeiten für den Beruf Verkäufer auf Arabisch testen. Das Testergebnis war für den 29-jährigen Syrer erst einmal ernüchternd. Herausgekommen ist, dass er beispielsweise mittlere Kenntnisse im Durchführen von verkaufsfördernden Maßnahmen und noch Aufholbedarf im Kundenservice hat. Geht es nach seinem Vermittler, sollte er sich davon aber nicht entmutigen lassen. Ganz im Gegenteil: „Das Ergebnis von MySkills soll keine Gefälligkeitsbescheinigung sein. Vielmehr haben wir nun Ansatzpunkte auf denen wir aufbauen können“.

Aufgrund des Testergebnisses absolviert der Flüchtling aktuell einen Kurs, der sein handwerkliches Geschick erprobt. „Wir möchten mehrgleisig fahren, um neben dem Verkauf auch andere berufliche Alternativen zu finden“, erklärt sein Vermittler mit Blick auf eine langfristige Vermittlung in Arbeit. Auch die Sprache ist noch immer ein Thema, weshalb Rezan Mamo ab April nochmals einen Deutsch-Sprachkurs besuchen wird, um seine Sprachkenntnisse zu verbessern. Langfristig sieht der Syrer seine Zukunft in Deutschland. Nach seinem Wunsch für sich und seine Familie gefragt, antwortet er: „Einen sicheren Arbeitsplatz und ein gutes Leben“.

Hintergrundinformationen zu MySkills

MySkills wurde gemeinsam von der Bundesagentur für Arbeit und der Bertelsmann Stiftung entwickelt. Wissenschaftliche Projektpartner sind das Forschungsinstitut Betriebliche Bildung f-bb und das Deutsche Institut für Pädagogische Forschung DIPF. Beteiligt waren außerdem eine Vielzahl berufspraktischer Experten wie Ausbilder, Berufschullehrer, Prüfer, Meister, Arbeitgeber, Kammern und Verbände.

Arbeitsagenturen und Jobcenter bieten den computergestützten Test zunächst in acht Berufen an: Kfz-Mechatroniker, Verkäufer, Fachkraft für Metalltechnik, Tischler, Koch, Landwirt, Hochbaufacharbeiter sowie Bauten- und Objektbeschichter. Im Jahresverlauf wird das Spektrum auf 30 Berufe aufgestockt.

Jeder Test enthält rund 120 berufsspezifische Fragen und dauert ungefähr vier Stunden. Die Teilnehmer sehen Videos und Bilder von typischen betrieblichen Praxissituationen und erhalten dazu fachliche Fragen. Die Testergebnisse werden automatisch generiert und können bereits am Folgetag in einem Beratungsgespräch besprochen werden. Es entsteht ein differenziertes Bild, in welchen Tätigkeitsbereichen der Teilnehmer handlungssicher ist. Anschließend kann der Teilnehmer den Test seinen Bewerbungsunterlagen hinzufügen, um Arbeitgebern sein berufliches Können besser zu dokumentieren.

 

Weitere Informationen zum neuen Testverfahren finden Sie auf der Internetseite www.myskills.de

 

Text und Foto: Regionaldirektion Hessen

Frankfurter Zeitungsverlag


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