Konstruktiver Auftakt

Konstruktiver Auftakt
Bürger entwickeln in der ersten Planungswerkstatt Ideen für den Kulturcampus
(pia) Frankfurt kann stolz sein auf seine Bürger und deren Bürgerkultur. Das hat die erste Phase der Planungswerkstätten zum Kulturcampus Frankfurt gezeigt. Am Freitag, 13. Januar, und Samstag, 14. Januar, versammelten sich jeweils zwischen 150 und 220 Bürger, um ihre Ideen zur Gestaltung des Kulturcampus beizutragen.

Der Kulturcampus entsteht auf dem 16,5 Hektar großen Areal, das Bockenheim und Westend verbindet. Er ist als vielseitiges und energieeffizientes Kulturquartier gedacht, mit dem neuer Wohnraum geschaffen wird und Orte, an denen Künstler arbeiten und sich präsentieren können.

Auf hohem Niveau, konstruktiver Atmosphäre und in jeweils drei Arbeitsgruppen, deren Ergebnisse am Ende einer Planungswerkstatt präsentiert wurden, ging es über zwei Tage hinweg moderiert von Brigitte Holz, Andrea Hartz und Carl Herwarth um vier Themenfelder: „Kultur“, „Öffentlicher Raum, Grün, Klima und Verkehr“, „Wohnen, Soziale Infrastruktur, Nahversorgung und Handel“ und „Städtebauliche Entwicklung und der Denkmalschutz“.

Die Planungswerkstätten dienen dazu, die Bürger bei der Schaffung des neuen Viertels zu beteiligen. Grundlagen für diesen Prozess ist der städtebauliche Rahmenplan. Visionen miteinander zu entwerfen, aber auch über Konflikte zu diskutieren, waren Studenten und Senioren, Bockenheimer und jenseits der Stadtgrenzen Wohnende, Kreative und Künstler, Geschäftsleute und Architekten, Experten, Interessengruppen und Initiativen, Vertreter der ABG und Vertreter der Stadt Frankfurt gekommen. Mit Engagement, Sachkenntnis, Leidenschaft, Beharrlichkeit, Verständnis, Offenheit wurde im Bürgerhaus „Saalbau Bockenheim“ und im Musikübungszentrum „Saalbau Schönhof“ debattiert, informiert, vorgeschlagen, kritisiert, zugehört und sich ausgetauscht. Sorgen, Wünsche, Einwände wurden formuliert und wahrgenommen und damit Perspektiven und Sichtweisen bei allen Beteiligten erweitert.

Es geht darum, ein Viertel zu schaffen, das sozial, ökologisch und kulturell Modellcharakter haben soll. In dieser ersten Phase der auf vier Monate angelegten Planungswerkstätten sollte für Erkundungen Raum sein. Moderatorin Brigitte Holz stellte gleich zu Beginn klar, dass sie allerdings nicht davon ausgehe, „dass alle, die in diesem Raum sind, sich bei allen Fragen einig sind.“ Als Beispiel nannte sie das Philosophicum. Lächelnd stellte sie fest, dass es das Philosophicum eigentlich drei Mal geben müsse, um angesichts der unterschiedlichen Begehrlichkeiten alle Wünsche zu befriedigen.

Der Wunsch nach bezahlbarem Wohnraum steht ganz oben auf der Skala der Bürger. Dabei wurde deutlich, dass Künstler und Kreative hier gewissermaßen in einem Boot mit den Bockenheimern sitzen, die sich um steigende Mieten sorgen. Gehören doch auch Kulturschaffende und Kreative zumeist nicht zu den Großverdienern. Gleichzeitig warben Bürger dafür, Wohnformen zu berücksichtigen, die die Grenzen zwischen Wohnen und Arbeiten aufheben und einem wachsenden Bedürfnis nach Wohnräumen auf Zeit entgegenkommen. Aber auch Einrichtungen für kulturelle Bildung von Kindern und Jugendlichen wurden gefordert. So setzten sich Vertreter der Campus-Kita für den Erhalt ihrer Einrichtung ein. Vertreter von ABG und Stadt konnten sich vorstellen, dass es eher mehr als weniger Bedarf für Betreuungsplätze in dem neuen Quartier geben könnte.

Auf einen Nenner, das hatte Moderatorin Holz prognostiziert, ließ sich das alles nicht bringen. Während die einen beispielsweise eine Entspannung bei der Parkplatzsituation wünschen, fragen wieder andere, ob nicht zugunsten von Nachhaltigkeit auf mehr Verkehr und damit auch auf teure unterirdische Parkplätze verzichtet werden könne. Wo die einen am liebsten große Straßen wie Bockenheimer Landstraße oder Senckenberganlage rückbauen würden, haben die anderen ein Interesse daran, auch mit dem Auto gut erreichbar zu sein.

Exemplarisch für unterschiedliche Vorstellungen ist das Philosophicum. Während die Initiative Zukunft Bockenheim hier genossenschaftliches Wohnen realisieren möchte, weist das Gutachten von Manfred Grohmann vom Büro Bolinnger + Grohmann in eine andere Richtung: Die Kosten der Sanierung würden deutlich über den Kosten eines Neubaus liegen.

Pro Denkmalschutz und gegen eine Tabula-rasa-Mentalität sprach sich hingegen Architekt Jochem Jourdan aus. Um im Falle des Philosophicums zu einer Lösung zu kommen, bot Ortsvorsteher Axel Kaufmann der Initiative Zukunft Bockenheim an, dass sich die unterschiedlichen „Parteien“ zusammensetzen sollten. So könne man durchrechnen, ob die Kosten, die bei einer Sanierung des Philosophicums entstehen würden, nicht ohnehin den Vorstellungen von genossenschaftlichem Wohnen zuwiderlaufen, bei dem niemand aus finanziellen Gründen ausgegrenzt werden soll.

Unabhängig, ob es um „heiße Eisen“ wie beispielsweise das Philosophicum ging, oder um den Wunsch nach mehr Grünflächen, und gleich, ob Vertreter von Stadt oder ABG oder Studenten und Bockenheimer sich zu Wort meldeten: Brigitte Holz und ihr Team gewährleisteten einen fairen Dialog auf Augenhöhe und zeigten ehrliches Interesse an den vorgebrachten Positionen. Belohnt wurden die Moderatoren für ihre Leistung am Ende mit Frankfurter Bethmännchen.

Nach dieser ersten Phase der Erkundung folgt im Februar die Phase der Erörterung. Im März schließlich die Phase der Empfehlung, wie das neue Quartier aussehen könnte. Ende April soll ein Schlusspunkt gesetzt werden, um vor der Sommerpause einen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung über das Projekt möglich zu machen.

Die vielen kreativen Ideen, die in dieser ersten Phase erarbeitet wurden, wurden auf Werkstatt-Tafeln festgehalten und dokumentieren die Ergebnisse der Arbeitsgruppen. Sie sind bereits in den nächsten Tagen auf www.kulturcampusfrankfurt.de abzurufen. Bis die sehr viel umfangreichere Dokumentation der ersten vier Planungswerkstätten fertiggestellt ist, wird es ein paar Tage mehr brauchen. Sobald die Dokumentation einsehbar ist, wird sie ebenfalls auf den Seiten vom Kulturcampus Frankfurt zum Download bereitgestellt.


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