Brüder Grimm Festspiele als Erlebnis für alle Sinne

In Hanau wird ab dem 11. Mai wieder märchenhaftes Theater geboten – Zahlreiche Neuerungen für die 34. Spielzeit

Hanau. In zwei Wochen hebt sich der symbolische Vorhang zu den diesjährigen Brüder Grimm Festspielen im Hanauer Amphitheater. Damit geht Hessens zweitgrößtes Freilichttheaterfestival bereits in seine 34. Spielzeit und wartet in diesem Jahr nicht nur mit vier Bühnenstücken, sondern auch mit einer Reihe von Neuerungen auf. Auf einer Pressekonferenz im Schloss Philippsruhe erläuterten Intendant Frank-Lorenz Engel und Oberbürgermeister Claus Kaminsky am Donnerstag, worauf die Zuschauer sich vom 11. Mai bis 29. Juli freuen können und ließen dabei sogar schon einen ersten Blick in die laufende Produktionsarbeit zu. Erstmals nämlich präsentierte die Titelfigur des Musicals „Dornröschen“ nicht nur zwei musikalische Kostproben, sondern auch ihr Kostüm. Und das gab es in dieser Form noch nie.

Was er sich am allermeisten für die kommende Saison wünscht? Frank-Lorenz Engel schmunzelt: „Natürlich schönes Wetter. Aber auch möglichst wenig Kollision mit der Fußball-Weltmeisterschaft. Ich wünsche als Fußball-Fan der deutschen Mannschaft, dass sie weit kommt. Doch wir stellen eine echte Alternative für Menschen dar, die mit Fußball nichts am Hut haben.“ Konkret heißt dies: Mit den Märchen „Dornröschen“ (Musical; Premiere am 11. Mai), „Der Froschkönig“ (Familienstück; Premiere am 19. Mai); „Die Prinzessin auf der Erbse (Theaterstück mit Musik; Premiere am 2. Juni) sowie „Der Brandner Kaspar und das ewig‘ Leben“ (Grimms Zeitgenossen; Premiere am 9. Juni). Ergänzt werden die vier Produktionen durch die Reihe „Junge Talente“, in der am 13. Juli „Die Leiden des jungen Werther“ Premiere feiert. „Der Vorverkauf läuft sehr gut“, freut sich Hanaus Oberbürgermeister. Über 35.000 Karten wurden bereits abgesetzt und damit fast 20 Prozent mehr als zum gleichen Zeitpunkt im Vorjahr.

Bei der Auswahl der Stücke hat Intendant Engel auf drei populäre Stücke gesetzt, die Unterhaltung für alle Altersklassen versprechen. Auch der „Brandner Kaspar“ dürfte auf große Resonanz treffen: Dieser  thematisiert Leben und Sterben aus einem ganz anderen Blickwinkel und verleiht dem Ganzen als mitreißende Komödie Schwung und ein bisschen mehr Leichtigkeit. Unterstützt wird diese Produktion vom Förderverein Palliative Patientenhilfe – auch diese Kooperation ist ein Novum in der Geschichte der Festspiele. Der „Brandner Kasper“ wird von Hans B. Goetzfried gespielt, Regie führt der Intendant. Ein Wiedersehen gibt es mit einem „alten Bekannten“: Engels Vorgänger als Leiter der Festspiele, Dieter Gring, steht als „Boanlkramer“ (Gevatter Tod) auf der Bühne.

Made for Hanau: Alleinstellungsmerkmal Uraufführung

Auf eins legt Frank-Lorenz Engel besonderen Wert: Bei allen drei Märchenproduktionen handelt es sich um sogenannte „Uraufführungen“. Was ist daran so besonders? Engel erklärt: „Das hat ganz viel mit Qualität zu tun: Wir engagieren Autoren und Komponisten eigens für die Stücke, die wir hier auf die Bühne bringen, das heißt, das sind Auftragsarbeiten. Damit garantieren wir Exklusivität für die Zuschauer, die das Märchen in dieser Form, mit diesem Text und dieser Musik wirklich nur in Hanau sehen. Die meisten anderen Festspiele verwenden bereits bestehendes Material und inszenieren es neu.“ Mit diesem Konzept hebe man sich in der Brüder-Grimm-Stadt ganz deutlich von anderen Freilichttheatern ab und sehe das als weiteren Pluspunkt für die hiesigen Festspiele.

 

Apropos „Alleinstellungsmerkmal“: Auch mit seinem Angebot, eine Vorstellung für gehörlose Menschen in Gebärdensprache zu übersetzen, setzt Hanau ein Zeichen. Erstmals waren im vergangenen Jahr zwei Gebärdendolmetscherinnen bei einer Produktion vor Ort und veranschaulichten diese in Wort und Musik für die Zuschauer ohne Hörvermögen. Nach dem großen Erfolg dieser Aktion gibt es auch dieses Mal wieder eine Märchenaufführung mit Simultan-Übersetzung in deutsche Gebärdensprache. In Hessen leben rund 7000 Gehörlose, bundesweit sind es mehr als 80.000. Dass hier also Bedarf besteht, zeigt der Vorverkauf: Die entsprechenden Plätze in der Vorstellung von „Die Prinzessin auf der Erbse“ am Sonntag, 1. Juli, 14 Uhr, sind fast ausverkauft.

Für alle Sinne: Hören, sehen, schmecken

Neu ist in diesem Jahr die Vergabe des Publikumspreises, den der Förderverein der Festspiele gemeinsam mit dem Hanauer Anzeiger ins Leben gerufen hat. „Es stehen dafür alle Schauspieler zur Wahl“, betont Frank-Lorenz Engel. Es gebe keine Vorauswahl, sondern die Zuschauer sollten aus dem Herzen entscheiden, wer ihnen am besten gefallen habe. Dieser Preis sei aus seiner Sicht eine sehr schöne Ergänzung zu dem Darstellerpreis, den traditionsgemäß der Hanauer Verein zur Förderung von Kunst und Kultur (ehemals Märteswein-Vereinigung) am Ende der Saison vergibt und der natürlich ebenfalls verliehen werde.

Nicht zur Wahl, weil nicht auf der Bühne steht Marie-Luise Marjan – trotzdem wird sie die Brüder Grimm Festspiele in diesem Jahr intensiv begleiten. Die Schauspielerin, die vor allem durch ihre Rolle der „Mutter Beimer“ in der ARD-Serie „Lindenstraße“ bekannt wurde und ein Faible für die Grimmschen Märchen hat, wirbt als Märchenbotschafterin der Stadt Hanau auf vielfältige Weise für die Festspiele. Neben vielen anderen Prominenten, die sich bereits angekündigt haben, wird natürlich auch sie bei der Premiere des Musicals „Dornröschen“ dabei sein. Für Oberbürgermeister Claus Kaminsky ist die Märchenbotschafterin ein Riesengewinn – für die Festspiele, aber auch für Hanaus Status als Geburtsstadt der Brüder Grimm, der mittelfristig noch viel stärker zum Tragen kommen soll. Sie sei eine Sympathieträgerin, deren weltoffene, tolerante, sympathische Art ohne Starallüren auskomme. Damit passe sie ausgezeichnet zu Hanau.

Auf der Pressekonferenz ließ sich das Ensemble bereits in die Karten gucken: Nicht nur musikalisch, wie es seit einigen Jahren auf diesem Termin üblich ist, sondern erstmals auch visuell: Die Darstellerin des „Dornröschens“, Sophia Euskirchen, trat bereits in ihrem Bühnenkostüm vor die Presse – bislang galt die Ausstattung aus der Werkstatt von Ulla Röhrs und ihrem Team als gut gehütetes Geheimnis bis zur Premiere. Doch Intendant Engel möchte den Zuschauern auch vorher schon Lust auf große Schneiderkunst machen, die aus gutem Grund bereits mehrfach preisgekrönt wurde: „Mindestens 75 Prozent der Kostüme sind maßgeschneidert. Auch das ist anders als bei den meisten Festspielen“, sagt er. „Theater ist immer ein Erlebnis für viele Sinne. Etwas zum Hören, aber eben vor allem auch zum Sehen“, so Engel. Dazu gehört natürlich auch das Bühnenbild, das erneut von Tobias Schunck stammt. Er hat sich in diesem Jahr für das Grund-Thema „Schloss“ entschieden.

Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky freute sich bei der Pressekonferenz auch besonders darüber, dass es Dank der Unterstützung durch die Agentur metropress gelungen ist, sechs neue Sponsoren für die Festspiele zu gewinnen – darunter die Deutsche Post und Fraport. Darüber hinaus gibt es mit Hitradio FFH einen neuen Medienpartner. Die Hanau Marketing GmbH hat zudem mit Kegel Impuls Catering erstmals Pakete geschnürt, die den künstlerischen und den kulturellen Genuss verbinden. Das Angebot richtet sich in erster Linien an Unternehmen, die ihren Mitarbeitern oder Kunden ein besonderes Erlebnis ermöglichen wollen, wofür auch die Orangerie genutzt werden kann. Für Gruppen ab 15 Personen stehen unterschiedliche Pakete zur Verfügung, die über die Hanau Marketing GmbH gebucht werden können. MP


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