Walter-Picard-Preis: Auszeichnung für Inklusion auf dem Fußballplatz

Kassel (lwv): Mit „Inklusion auf dem Fußballplatz – Mehr als ein 1:0“ ist erstmals ein im Sport an-gesiedeltes Projekt zur sozialen Integration psychisch kranker Menschen mit dem Walter-Picard-Preis ausgezeichnet worden. Uwe Brückmann, Landesdirektor des LWV Hessen, übergab den mit 5.000 Euro dotierten Preis am Vormittag im Ständehaus in Kassel an Dr. Ute Müller-Kindleben, stellvertretende Vorsitzende des Frankfurter Turnvereins (FTV) 1860, und Elvira Marburger, Mit-Initiatorin des Frankfurter Fußballprojektes. Dort spielen seit 2012 psychisch kranke Menschen mit Vereinsfußballern zusammen. „Sie holen psychisch kranke Menschen in die Mitte der Vereine, ermöglichen ihnen so gesellschaftliche Teilhabe und zollen ihnen soziale Anerkennung“, sagte Brückmann in seiner Laudatio. Er betonte, mit welch weitgefasstem Anspruch das Preisträger-Projekt Inklusion praktiziere. Denn seit einem Jahr spielen auch ehemals suchtkranke Menschen und Bürgerkriegsflüchtlinge in der Mannschaft mit. „Ein nachahmenswertes Beispiel für gelebte Inklusion“, so Brückmann.

Hinter „Inklusion auf dem Fußballplatz – Mehr als ein 1:0“ steht ein Netzwerk aus mehreren Frank-furter Sportvereinen, Frankfurter Reha-Werkstätten und der Vitos Klinik Bamberger Hof. Aus-gangspunkt war, dass ein Team psychisch kranker Sportler, trainiert von dem Sportwissenschaft-ler Jürgen Medenbach und dem Sozialarbeiter Jan Zwingenberger, dreimal die Deutsche Fuß-ballmeisterschaft der Werkstätten für behinderte Menschen gewonnen hatte. Diese Erfolge ermu-tigten die Aktiven, den Sprung vom reinen Behindertensport in den regulären Ligabetrieb des hes-sischen Fußballverbandes zu wagen. Dazu gab es in 2012 eine erste Kooperation mit dem Frank-furter Turnverein 1860, die für mehrere Spielzeiten um den SC Weiss Blau Frankfurt erweitert wurde. 2016 wurde diese Partnerschaft vom SV Sachsenhausen abgelöst.

Seit der Spielzeit 2016/17 sind auch ehemals suchtkranke Menschen der Frankfurter Suchthil-feeinrichtung „Die Fleckenbühler“ sowie Bürgerkriegsflüchtlinge und Migranten in die Inklusions-mannschaft einbezogen. Sie kommen aus dem Martinushaus der Frankfurter Diakonie, aus dem Internationalen Familienzentrum Frankfurt und aus der DRK-Flüchtlingseinrichtung in der Ludwig-Landmann-Straße. Zwischen 25 und 30 fußballbegeisterte Menschen mit und ohne psychische Erkrankung trainieren zweimal wöchentlich gemeinsam mit den Seniorenteams des SV Sachsen-hausen. Das Team spielt in der Kreisliga A in der Runde der Sondermannschaften des hessischen Fußballverbandes. Das inklusive Fußballprojekt strebt laut Initiator Jürgen Medenbach an, die betreuten Menschen dauerhaft in passende Fußballangebote innerhalb und außerhalb des klassi-schen Spielbetriebes zu integrieren. Auch die Möglichkeit zur Teilnahme an anderen Angeboten und Aktivitäten in den Vereinen soll weiter ausgebaut werden.

Der Preisträger Inklusion auf dem Fußballplatz – Mehr als ein 1:0 war unter 34 weiteren Vor-schlägen von einem Komitee ausgewählt worden, dem Vertreter des LWV und Experten aus der psychiatrischen Praxis angehören.

Der Walter-Picard-Preis wird alle zwei Jahre für besonders nachahmenswertes ehrenamtliches Engagement oder professionelle Projekte in der hessischen Gemeindepsychiatrie vergeben. Er wurde 2001 ins Leben gerufen und ist nach dem am 10. März 2000 verstorbenen Sozialpolitiker Walter Picard aus Offenbach benannt. Picard war einer der Initiatoren der Psychiatrie-Enquête, die ab 1975 maßgeblich zur Verbesserung der psychiatrischen Versorgung in Deutschland beige-tragen hat. Picard gehörte dem Bundestag an und war lange Abgeordneter der Verbandsver-sammlung des LWV. Ihm lag es besonders am Herzen, offene und wohnortnahe Hilfen für psy-chisch kranke Menschen zu schaffen. Auch für die Stärkung von Selbsthilfe-Projekte setzte sich Picard ein. Der Walter-Picard-Preis wird in diesem Jahr zum neunten Mal vergeben.

Text und Foto: LWV


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